Fränkische Impressionen

Wieviel Rückschlüsse lassen die Kunstwerke einer Stadt auf den Charakter ihrer Bewohner zu? In Franken muss man sich da richtig Sorgen machen. Bonusmaterial: Dokumentation einer Brandstiftung

Für eine richtige Geschichte war unser Wochenend-Trip durch Franken zu kurz, aber ein paar sinnlose Eindrücke möchte ich meinen Lesern nicht vorenthalten.

Fränkische Kultur

Gastfreundschaft und eine Sprache mit rollendem R prägen die Frrrängische Guldurrr. Deftiges Essen mit Kalorien-Flatrate und der süffige Frankenwein tragen zu einem fröhlichen Miteinander bei. Es gibt hier Schäufele mit Sauerkraut, Gänsebraten mit Specksoße und Blaue Zipfel, eine Art in Essig gekochte Rostbratwürste. Trinken und Essen sind folgerichtig häufige Motive in der regionalen Kunstszene.

Skulptur der Winzer in Würzburg
Denkmal des unbekannten Winzers
Skulptur Wirt mit Weinflasche und Trinkbecher
Selbstbedienung – Der Wirt ist beschäftigt
Skulptur Kotzen in der Würzburger Residenz
Nach dem Verzehr von zu vielen Blauen Zipfeln
Skulptur lesender Mann mit Engel in Bamberg
Oh nein, bitte nicht schon wieder Gänsebraten!

Würzburg

Würzburg ist eine quirlige Stadt mit einer gelungenen Mischung aus historischen Gebäuden und Studentenleben. Auf der alten Mainbrücke trifft man sich, um in der Abendsonne ein Gläschen Wein zu trinken. Oder zwei.

Alte Mainbrücke in Würzburg mit Marienfeste
After-Work-Party mit dem Segen des Heiligen
Falkenhaus in Würzburg
Das Falkenhaus im Rokokostil
Marienkapelle Würzburg
Gotische Marienkapelle aus dem 14. Jahrhundert

Auf einem Hügel über der Stadt thront die Festung Marienberg. In früheren Zeiten war hier offenbar eine Tierarztpraxis untergebracht, wenn ich die Fresken richtig deute. Heute setzt man auf Innovationskraft und experimentiert mit nachwachsenden Rohstoffen.

Festung Marienberg
Auf der Festung Marienberg
Fresko auf Marienfeste Würzburg
Der Zahnarzt kommt!
Kunstwerk Stahlbaum
Nachwachsender Rohstoff – der Edelstahlbaum
Blick auf Würzburg von der Marienfeste
Blick von der Marienfeste auf Würzburg

Einzelkind oder Geschwister?

Einzelkinder hatten lange Zeit keinen guten Ruf bei Entwicklungspsychologen. Zu verhätschelt und leicht zum Egoismus neigend, wurde vermutet. Inzwischen ist das Bild gekippt und Einzelkinder nennen sich selbstbewusst Alleinerbe. Wer noch weitere Argumente gegen Geschwister sucht, wird im Park der Würzburger Residenz fündig.

Garten der Würzburger Residenz
Die Würzburger Residenz mit ihrem riesigen Garten

In der Stadt wimmelt es von Bars und Restaurants, in denen man nach dem kulturellen Gelatsche seinen Durst löschen kann. Fazit der SinnlosReisenden zu Würzburg: Immer einen Besuch wert.

Limonade im Glas
Farbenfrohe Durstlöscher

Bamberg

Sind Bamberger unfreundlich? Das wäre natürlich eine unzulässige Verallgemeinerung, engstirniges Schubladendenken, fast schon eine Beleidigung. Politisch korrekt muss es heißen: Wir haben bei unserem Besuch in Bamberg eine überdurchschnittlich hohe Anzahl an Menschen getroffen, die auf uns unfreundlich wirkten. Oder zumindest verschlossen. Verschroben. Eigenartig. Aber macht euch selbst ein Bild:

Skulptur griesgrämiger Mann
Der Griesgram von Bamberg
Skulptur Scham
Das personifizierte Elend
Engel in der Bamberger Residenz
Wenn schon die Engel mit dem Nudelholz drohen, wundert es nicht,…
Skulptur Mann mit Schwein
…wenn Männer sich anderweitig orientieren
Skulptur Mann Ärger
Jetzt gibt’s aber mal richtig Ärger für den SinnlosReisenden mit seinem losen Mundwerk

Dabei können die Bamberger durchaus zufrieden sein mit ihrer Stadt. Ein wunderschönes Rathaus, eine deftige Gastronomie und historische Sehenswürdigkeiten an allen Ecken. Nur ihre Löwen hätten sie besser füttern sollen.

Löwenskulptur vor dem Bamberger Dom
Löwe am Bamberger Dom – Mahnmal für die Folgen schlechter Ernährung
Bamberger Rathaus
Altes Rathaus von Bamberg
Bamberger Rathaus
Das Rathaus von der Seite
Altes Haus in Bamberg
Altstadt von Bamberg

Rothenburg ob der Tauber

Nur fünfzig Kilometer südlich von Würzburg liegt einer der skurrilsten Orte Deutschlands: Rothenburg ob der Tauber.

mittelalterliches Rathaus in Rothenburg
Rathaus von Rothenburg

Die ganze Stadt sieht aus wie ein Drehort für eine Serie, die im Mittelalter spielt. Hier gibt es ein ganzjährig geöffnetes Fachgeschäft für Weihnachtsbedarf. Durch persönliche Beratung findet man den passenden Nussknacker für jeden Anlass und kann aus einer unglaublichen Menge von sinnloser Weihnachtsdeko auswählen.

Auslage in Käthes Weihnachtsladen Rothenburg
Ein gut sortiertes Fachgeschäft-Käthes Weihnachtsladen

Selbstverständlich wird der Einkauf weltweit versandt, gerne auch nach Asien. Und weil es so schön passt, werden hier auch gleich Original Schwarzwälder Kuckucksuhren verkauft. Ein Blick auf die Deutschlandkarte macht klar, dass Franken definitiv nicht mal in der Nähe des Schwarzwalds liegt. Deshalb gibt es dazu auf diesem Blog ja auch einen eigenen Bericht. Aber wenn man aus China oder Japan anreist, sind das wahrscheinlich geografische Haarspaltereien.

Schild Kuckucksuhren
Eine Kuckucksuhr darf in keinem Haushalt fehlen

Ein weiteres Kleinod in Rothenburg ist das mittelalterliche Kriminalmuseum. Hier wird die Entwicklung der Rechtsprechung im Lauf der Jahrhunderte behandelt. Ein Schwerpunkt liegt auf den Methoden der Wahrheitsfindung (sprich Folterwerkzeuge), wobei sich die katholische Kirche mit extremer Kreativität einen internationalen Spitzenplatz sicherte. Die Kirche ist noch heute so sehr von ihrer Kompetenz in kreativer Wahrheitsfindung überzeugt, dass sie auf die Unterstützung von Polizei und Staatsanwaltschaft bei der (Nicht-) Aufklärung von Missbrauchsfällen komplett verzichtet. Quasi Transparenz mit blickdichten Mauern. Erstaunlich, dass so etwas im 21. Jahrhundert noch möglich ist.

Man darf im Museum nicht fotografieren, aber in einem Satz zusammengefasst: Ich bin froh, dass ich heute und in einem Rechtsstaat lebe.

Folterstuhl
Stuhl für Blogger, die das Fotografierverbot missachten. Aua!

Das Brandstifter-Seminar

In der Nähe von Bamberg, allerdings schon weit draussen auf dem Land, wird eine schöne Tradition gepflegt: Einmal im Jahr werden hier die Kinder zu Brandstiftern ausgebildet. Den ganz Kleinen hält der Papa die Fackel, damit sie nicht versehentlich das Schwesterchen anzünden, aber die meisten sind schon ganz routiniert. Und die Feuerwehr schaut zufrieden auf die Nachwuchszündler, die eine stabile Auslastung der Löschzüge über die nächsten Jahre sichern.

Kinder beim Anzünden eines Johannisfeuers
Seminar für Brandstifter
Feuerwehr beim Beobachten eines Brandes
Die Feuerwehr ist zufrieden – ein solider Brand wärmt das Herz

Jedes dieser Feuer setzt etwa 2.000 kg CO2 frei, je nach Größe des Holzstapels. Dafür benötigt ein gestandener SUV mit kräftigem Dieselmotor ein ganzes Jahr *. Bevor sich jetzt Jemand aufregt – das ist halt Tradition. Da kann man nichts machen. Man nennt das in katholisch dominierten Gegenden Johannisfeuer, in heidnischen Gebieten auch Sonnwendfeuer. Und es sieht ja auch schön aus. Und es hilft angeblich gegen misswüchsige Kinder, Ernteausfälle und Hagelschäden, sagt Wikipedia. Ich würde mich da aber nicht drauf verlassen.

Johannisfeuer
Johannisfeuer

* Den CO2-Ausstoss kann jeder selbst abschätzen: 100 Holzbalken mit 3 Meter Länge und einem Querschnitt von 7 x 10 cm ergeben bei einer Holzdichte von 500 kg/m3 ein Gewicht von 1.050 kg. Aus einem kg Holz entstehen: ein Häufchen Asche, Wärme und 1,8 kg CO2, weil sich jedes Kohlenstoffatom mit zwei Sauerstoffatomen aus der Luft verbindet. Macht also 1,9 Tonnen CO2, wenn der Stapel abgebrannt ist. Ein Fahrzeug mit Verbrennungsmotor erzeugt ca. 130 Gramm CO2 pro km (Schau mal in deinem Fahrzeugschein nach!). Das macht bei 15.000 km im Jahr ebenfalls 1,9 Tonnen Treibhausgas.

Autor: sinnlosreisen

Skurille Reiseerlebnisse zum Lachen

20 Kommentare zu „Fränkische Impressionen“

  1. Klasse Eindrücke (und die Fotos dazu). Stimmt, Franken hat alles für Sinne und Geist. Und die Übungs- oder Osterfeuer als Umweltbelastung, das sage ich schon lange (Deine Zahlen verwende ich ab jetzt bei „Tischgesprächen“). Machs gut.

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    1. Freut mich, wenn es dir gefällt. Tja, und die CO2-Zahlen: ich finde es halt wichtig, dass sich jeder bewusst macht, wieviel manche Gewohnheiten ausmachen. Entscheiden kann man dann immer noch so oder so, aber dann halt bewusst.

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  2. Ich bin mal beim Trampen per Zufall in Rothenburg gelandet – https://andreas-moser.blog/2021/05/27/autostoeppeln-3/ -und war positiv überrascht, weil ich ein total verkitschtes deutsches Disney-Städtchen erwartet hatte.

    Aber so war es nicht. Gut, es gibt den Weihnachtsladen, und klar sind eine Menge Touristen da. Ich fand jedoch, dass Rothenburg den Kleinstadtcharakter ganz gut erhalten hat. Es gibt keinen McDonalds oder Benetton oder was immer sonst überall hin will, wo viele Touristen kommen.
    Der Gemischtwarenladen in der Altstadt war auch ganz urig und familiär. Und selbst der Döner war nicht teurer als anderswo. Sowohl im Park als vor den Kneipen sah ich auch ganz normale Leute sitzen, so alte Rothenburger im Unterhemd. Sympathisch.

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  3. als halbe Fränkin sag ich jetzt mal nix, aber:
    Kennst Du das Buch von Wassili Golowanow: Die Insel oder Rechtfertigung des sinnlosen Reisens. ? Bei Matthes& Seitz, wird quasi verramscht, will wohl sonst keiner kaufen…

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      1. naja, fängt schon ziemlich schräg an, zitiert u.a. Borges, Blaise Pascal, Marco Polo, ist wohl 2002 in Moskau zuerst erschienen, über 500 Seiten…Reise zu einer „freudlosen“ Insel, eiskalt aber ölreich, deshalb bald verwüstet, Kolgujew in der Barentsee…

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  4. Freilich, das Bamberger* Rauchbier solte man in einem stillen, dunklen Keller trinken. Und nicht wie den Wein der wärmeren Maingegenden im Sonnenschein. Während Rothenburg ja tatsächlich von seiner gewollten Künstlichkeit einschließlich eindeutig nicht regional produzierter Kuckucksuhren lebt. Fachwerk und Türme kann man übrigens auch in anderen Städtchen einsammeln, halt vielleicht nicht in der Dichte…
    *Der berühmte dortige Reiter war wohl grad unterwegs?

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    1. Der Reiter war tatsächlich zuhause im Dom, aber da man ja bis heute nicht weiß wer das sein soll, habe ich auf weitere blasphemische Spekulationen verzichtet. Habe so schon genug Ärger mit der Inquisition 😉

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  5. Ja, die Frrrangen, immer wieder ein Quell der Freude! Ich habe Freunde dort (teils Ureinwohner, teils Zugezogene) und kenne die Gegend recht gut. Sehr charmant finde ich auch, dass sie lieber AUF als IN den Keller gehen. Hängt natürlich nicht unwesentlich mit dem von dir geschilderten Hang zu Kulinarischem in flüssiger und fester Form zusammen.

    Deine Theorie bzgl. der früheren Nutzung der Festung als Tierarztpraxis klingt einleuchtend und hat mich restlos überzeugt. Das Gleiche gilt für deine Ausführungen zum Thema Geschwisterliebe. Wirklich pädagogisch sehr wertvoll, dass dem im Park der Residenz so eindrücklich Rechnung getragen wurde. Da hat endlich mal einer mitgedacht! Sagt Einzelkind Elke 😇.

    Deine Erfahrungen mit der Unfreundlichkeit der Bamberger sind natürlich bedauerlich. Für euren nächsten Abenteuertrip ins Frankenland kann ich dir ans Herz legen, nur mit jenen Kreaturen in näheren Kontakt zu treten, die einen weniger versteinerten Eindruck machen.

    Richtig heißgemacht hat mich dann deine Erwähnung des Brandstifter-Seminars. Ich habe mir gleich einen Platz für die nächste Runde gesichert. Dann wird fröhlich abgefackelt!

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    1. Da quillt doch Ironie aus deinen Zeilen, oder bilde ich mir das nur ein? An deinem Wording musst du aber noch feilen: nicht Einzelkind sondern Alleinerbin!
      Zum Brandstifter-Seminar unbedingt früh anmelden, denn die Plätze werden nächsten Sommer knapp werden. Das meiste Holz wird vermutlich im Winter schon verheizt. 😇

      Gefällt 1 Person

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