Die Sommerpause auf meinem Blog nutze ich zum Aufräumen. Diesen älteren Beitrag habe ich nun der Ordnung zuliebe aus dem Menüpunkt „Geschichten“ in den Blogbereich verschoben. Wer ihn schon kennt, der kann hier aufhören zu lesen. Allen anderen wünsche ich viel Spaß mit meinen Jugendsünden! Oder nennt man das schon Mid-Life-Crisis?
Donnerstag – Erste Vorbereitungen
Dieser Donnerstag ist ein ganz normaler Arbeitstag. Nichts deutet auf die denkwürdigen Ereignisse hin, die in wenigen Stunden ihren Lauf nehmen werden. Abends im Tischtennistraining ist eine Abschlussbesprechung vor der Städtereise nach Barcelona angesetzt. Neun Männer ziehen in die weite Welt, um nach einer anstrengenden Saison die spanische Kultur zu erleben. Auf dem Weg ins Training kommt eine SMS rein. Wolle, der die Reise geplant, gebucht und organisiert hat, kann leider, leider nicht mitkommen. Ein wichtiger Geschäftstermin in Istanbul erfordert seine Anwesenheit. Die Flugunterlagen sind somit auch in Istanbul, aber es ist ja alles online gebucht, also einfach Ausweise mitnehmen und es kann nichts schief gehen. Viel Spaß, Jungs und denkt an mich! Da waren’s nur noch Acht.
Die Rolle des Organisators übernimmt ohne Diskussion Schnuppi. Eigentlich heißt er Rolf, aber seit der letzten Weihnachtsfeier nennen ihn alle Schnuppi, weil er bei zwei Promille die Sternschnuppe so hingebungsvoll im Krippenspiel gegeben hatte. Schnuppi hat alles per Mail mit Wolle geklärt. Er ist sich sicher, dass der Flug um 06:55 ab Stuttgart geht. Rückflugzeiten weiß er gerade nicht auswendig, aber irgendwann Sonntag Abend.
Oder war der Abflug um fünf vor sechs? Egal, Sportler sind da robust und haben keine Nerven. Also planen wir einfach eine Reserve ein; man kann zur Not ja noch ein Bierchen am Flughafen zischen. Außerdem erlaubt die Buchung nur Handgepäck, da geht das eh alles fix beim Einchecken.
Freitag – Anreise mit Hindernissen
Treffpunkt für die beiden Autos ist um 02:00 Uhr nachts am Hugo’s in Ravensburg. Wir „Älteren“ fahren nach einer gefühlten Sekunde Schlaf mit Fahrzeug 1 nach Ravensburg, während das Jungvolk sich dort schon mal im Club austobt und die Nacht durchmacht. Gut so, dann werden sie schon in Barcelona umso ruhiger sein, denke ich mir. Welch krasse Fehleinschätzung.
Die Abfahrt vom Hugo’s gelingt mit nur minimaler Verspätung. Aus Fahrzeug 2 kommen laute Gröhlgeräusche und die Dauerhupe zeigt den Anwohnern an, dass hier Dinge ihren Lauf nehmen, die wichtiger als der Nachtschlaf der schwäbischen Bevölkerung sind. Ich bin erleichtert, dass wir die Fahrzeugbesetzung nach nüchtern/ besoffen aufgeteilt haben und freue mich auf die architektonischen Schönheiten Barcelonas.
Auf der Umgehungsstraße von Ravensburg überholt uns Fahrzeug 2 laut hupend. Aus den offenen Fenstern ragen die beiden nackten Hinterteile von Bernd und Schnuppi in den schwäbischen Nachthimmel. Die Nulllinie für das Niveau ist damit gesetzt. Zumindest vorerst…
An einer Tankstelle in Ulm machen wir eine Pinkelpause. In Fahrzeug 2 führt irgendeine Belanglosigkeit dazu, dass sich Schnuppi sturzbesoffen auf den Weg über die sechsspurige Stadtautobahn macht, um wieder nach Hause zu trampen. „Ihr ssseid ssso gemein, mit eusch fahr ich nich innen Urlaub“, lallt er beleidigt. Wir schicken eine Rettungsmannschaft, bergen den verlorenen Sohn und verschwinden, bevor die Polizei auf uns aufmerksam wird.
In der Nähe des Stuttgarter Flughafens parken wir Fahrzeug 2 in einem Kaff ohne Namen um Parkgebühren zu sparen. Und dann geht es zu Acht im Siebensitzer an den Flughafen. Ich frage, mit welcher Fluglinie wir denn eigentlich fliegen. Schnuppi murmelt, dass er diesen Scheiß-PDF-Anhang von Wolle auf seinem Handy nicht öffnen kann. Der Scheißanhang ist unsere Onlinebuchung.
Im Flughafen herrscht eine frühmorgendliche Schläfrigkeit. Da um diese unchristliche Zeit nur ein einziger Flug nach Barcelona geht, wird schnell klar, dass wir mit German Wings fliegen. Leider akzeptiert der Checkin-Automat mehrere Ausweise nicht und eine Ticketnummer kennen wir nicht. Lautes Durcheinander entsteht. Besoffene übertönen sich gegenseitig mit Vorwürfen. Die Sicherheitsbeamten werden auf uns aufmerksam. Ich setze meine beruhigende Wirkung ein, um die Kameraden zu mäßigen und lächle den Beamten vertrauensvoll zu. Keine Sorge – alles im Griff, versuche ich mit meiner Mimik zu signalisieren. Eine Runde Snickers besänftigt die aufgebrachten Diven und wir nehmen die nächste Challenge in Angriff.
Bewaffnet mit acht Bordkarten vom German Wings-Schalter, geht es im nächsten Level direkt zur Sicherheitskontrolle. Auch das ist eine Hürde, die wir nur mit viel Mühe bewältigen. Alan legt sich mit dem Beamten an, der ihn mit dem Gummiquietscher abtastet und unterstellt ihm homosexuelle Motive, die der Mann aber zum Glück nicht hört. Alan heißt eigentlich anders, aber seit dem Hollywood-Blockbuster „Hangover“ nennen ihn alle so, weil er ähnliche Wirkungen auf seine Umgebung ausübt, wie der Drogen verteilende Alan im Film.
Das Abfluggate
Da wir noch ausreichend Zeit bis zum Abflug haben, stärken wir uns erstmal. Acht Halbe Stuttgarter Hofbräu werden unter lautem Hallo im Sicherheitsbereich geleert. Und da man auf einem Bein nicht lange stehen kann, steht die zweite Runde vor uns, bevor ich mein Bier halb leer habe. Morgens um halb sechs bin ich noch nicht so trinkfest und halte mich unauffällig zurück. Die Stimmung steigt von Minute zu Minute. Ich versuche, so zu tun, als ob ich nur zufällig in der Nähe sitze und studiere intensiv ein Werbeplakat.
Dann läuft unsere Reisegruppe am Abflug-Gate nach Barcelona ein. Nur einzelne Sitzplätze sind noch frei. Überall sitzen gelangweilte, schlaftrunkene Geschäftsreisende, da am Nachbar-Gate fast zeitgleich ein Flug nach Brüssel geht. Aktuelle Börsennachrichten werden von grauhaarigen Anzugträgern analysiert, einige ältere Herrschaften dösen vor sich hin. Die Damen lesen in Brigitte, die Herren im Focus oder der FAZ. Aber dieses schläfrige Idyll wird nun schlagartig beendet.
Denn Frank, unser Silberrücken, ist inzwischen in Kampfstimmung. Er stellt sich breitbeinig hin, rückt sein selbstgestricktes Mützchen auf dem kurzrasierten Schädel zurecht, holt tief Luft und schreit mit voller Lautstärke:
„F I C K E E E E E N !!!!!!!“
Etwa dreihundert Blicke richten sich auf unsere Gruppe. Erst erschrocken wegen der unerwarteten Lautstärke, die in den hallenden Warteräumen noch verstärkt wird. Nach drei endlosen Sekunden in lähmender Stille merken dann die meisten Mitbürger, dass es sich nicht um einen Terrorangriff handelt. Dann verarbeiten die Ersten die Bedeutung des Wortes und die Gesichtszüge entgleisen in ungläubige, belustigte, entsetzte, missbilligende oder schockierte Mienen, je nach Grad der katholischen Erziehung.
Nur drei spanische Frauen um die Siebzig, die offenbar das Wort in seiner Bedeutung nicht einordnen konnten, kichern wie Teenager und werfen verstohlene Blicke auf den germanischen Heißsporn.
Frank läuft jetzt zu Hochform auf. Er baut sich breitbeinig direkt vor einem seriösen älteren Herrn im taubengrauen Anzug mit dicker Hornbrille und Halbglatze auf, hakt seine Daumen links und rechts in seinen Ledergürtel ein und spricht ihn mit lauter Stimme an: “Und du, was ist mit dir? Freust du dich jetzt, dass du mit uns zwei Stunden lang in einem Flugzeug sitzen darfst?“
Der Herr senkt seine Wirtschaftszeitung, zaubert sichtlich angestrengt ein tapferes Lächeln ins Gesicht und sagt: „Leider führen meine Termine mich nach Brüssel, aber es wäre mir ein Vergnügen gewesen“.
„Nach Brüssel? Bist du etwa einer von diesen verlogenen Politikern?“ legt Frank ohne Gnade nach. Während Frank weiter auf den Herrn einredet und ihn mit seiner Spießigkeit aufzieht, bis seine Brillengläser beschlagen, machen sich die anderen aus unserer Reisegruppe vor Lachen fast in die Hose.
Nur ich versuche zu tun, als ob ich nicht dazu gehöre und schlendere demonstrativ ziellos durch die Abflughalle. Ich bin zwar auch schon etwas angesäuselt, aber meine Gedanken sind immer noch so klar, dass ich realisiere, dass ich genau diesen Flug nach Brüssel mehrmals im Jahr geschäftlich nutze. Es wäre mir doch ziemlich unangenehm, wenn mich hier zufällig Jemand erkennen würde.
Kurz kommt mir der Gedanke, dass ich jetzt noch aus der Unternehmung aussteigen könnte, aber der Schwabe in mir erinnert sich an die dreihundertfünfzig Euronen, die ich damit in den Wind schreiben müsste. Hinter einer Säule entdecke ich Schnuppi, der ebenfalls ungewöhnlich still ist. Er drückt sich in der Ecke rum und macht komische Gesichter, als ob er Bauchschmerzen hätte. Später stellt sich heraus, dass der ältere Herr im grauen Anzug der Chef seines Chefs ist, Leiter des Montagebereichs, in dem Schnuppi gerade seine Probezeit absolviert. Aua.
Ankunft in Barcelona
Im Flugzeug folgen zwei weitere Runden Bier, diesmal allerdings ohne mich. Die Stimmung ist immer noch bestens, als wir mit dem Flughafenbus nach Barcelona einfahren. Da wir um neun Uhr morgens noch nicht im Hotel einchecken können, machen wir es uns in einem Straßencafe am Placa de Catalunya gemütlich und ordern noch eine Runde Bier. Und noch eine. Die Reisegruppe will nicht verstehen, dass ich in diesem Tempo nicht weiter auf den Abgrund zurasen will. Aber zum Glück sind die anderen inzwischen so besoffen, dass sie es nicht merken, dass ich meine Gläser gar nicht mehr austrinke. Irgendjemand kümmert sich dann doch darum, dass alles wegkommt, was auf dem Tisch steht und nach Alkohol riecht.
Der Höhepunkt dieses Reiseabschnitts ist eine Wette: Wenn der eh schon reichlich dichte Domme (Er war bis vor drei Wochen überzeugter Abstinenzler, hatte aber vor der Reise täglich trainiert) eine Halbe auf Ex trinkt, küssen sich Frank und Schnuppi hier in der Öffentlichkeit. Domme schafft die Halbe auf Ex mit Mühe, aber eindeutig regelgerecht. Die Handyaufnahme des Kusses gelingt und wenigstens diesmal haben die Spanier an den Nebentischen auch ihren Spaß. Domme nimmt derweil eine grünliche Gesichtsfarbe an und verschwindet auf dem Klo. Da waren’s nur noch Sieben.
Eine weitere Wette um drei Halbe auf Ex für einen Zungenkuss scheitert am Veto von Schnuppi, der um seine noch frische Beziehung mit seiner Freundin bangt. Das alles ereignet sich noch vor dem Einchecken im Hotel.
Drei weitere Runden Bier später machen wir uns zu Fuß auf den Weg ins Hotel, dessen genaue Adresse nur Wolle kennt, der noch immer in Istanbul weilt. Eigenartigerweise ist rund um uns herum immer reichlich Platz, obwohl sonst eher Gedränge herrscht. Der Plan ist denkbar einfach: Die Rambla runter bis zur nächsten Metrostation, dann links abbiegen und schon sind wir da. Das funktioniert auch so, allerdings nicht für alle. Frank und Schnuppi sind irgendwo unterwegs verloren gegangen. Schade, dass genau diese Beiden mit leeren Handyakkus unterwegs sind und nicht mitbekommen haben, wie das Hotel heißt. Da waren’s nur noch Fünf.
Einen halben Tag später treffen wir sie dann wieder am Strand. Männer gehen eben nicht verloren. Das laute Gelächter über die Dummheit dieser Vollpfosten, gepaart mit einigen Fäkalausdrücken und obszönen Gesten aus der Schwulenszene sorgen dafür, dass wir sehr bald am überfüllten Stadtstrand ein schönes Stückchen freie Fläche ganz allein für uns haben. Wir Deutschen sind ja so beliebt auf der Welt. Alle Vorurteile werden noch deutlich übertroffen.
Abends dann Stadtbummel, Paella-Essen und dann versumpfen wir in einem Straßencafe, in dem der Barkeeper alle Hände voll zu tun hat, uns eine Runde Mojitos nach der anderen zu servieren.

Nach der sechsten Runde Mojitos kann kaum noch jemand gerade stehen. Wir zahlen eine Rechnung von 240,50 € aus der Mannschaftskasse. Und unser Kassenwart gibt dem nass geschwitzten Kellner ein Rekordtrinkgeld, selbst für schwäbische Verhältnisse: Minus 50 Cent. Mit schwerer Zunge erklärt er uns, dass 240 € ja wohl völlig ausreichen. Eigentlich hätten wir Rabatt bekommen müssen bei der Menge, die wir konsumiert hatten. Nach längerer Diskussion beschließen wir, noch einen Zwanzig-Euro-Schein als Trinkgeld nachzulegen. Gerade rechtzeitig, denn der Kellner hat soeben nachgezählt und er hat einen ziemlich stechenden Blick. Wie in den Filmen mit Franco Nero, kurz bevor Blut fließt. Wir wollen doch keine stolzen spanischen Dolche im Rücken haben.

Dies war der erste Tag unserer Kulturreise.
Samstag – Endlich Kultur
Als alle am nächsten Morgen wieder bei Sinnen sind, und mein Aspirin seine Wirkung entfaltet, beginnt der kulturelle Teil der Reise.
Der Plan sieht vor, dass wir einen Tagesausflug machen und alle kulturellen Sehenswürdigkeiten mit dem Doppeldecker-Hop-on-Hop-off-Bus abklappern. An der Starthaltestelle entdecken wir ein Hardrockcafe, was uns auf die Idee bringt, dass wir erstmal was Vernünftiges essen sollten. Und einen Long Island Ice Tea zur Erfrischung einnehmen, mit Rum, Gin, Wodka und Strohhalm. Und dann noch ein schnelles Bierchen. Schnell legen wir auch hier 250€ an und dann geht es endlich los.

Auf der ersten Runde mit der roten Linie können wir uns noch nicht entscheiden, auszusteigen. Also zweite Chance und noch eine Runde mit der blauen Linie. An der Sagrada Familia wären wir beinahe ausgestiegen, aber die Trägheit ist größer als der Kulturtrieb und die Warteschlange an der Kasse ist dann doch zu abschreckend. Außerdem befindet sich die Kirche noch im Bau, da lohnt es sich zu warten.

Aber am Park Güell müssen wir einen Stop einlegen. Erstens sind einige Blasen zu voll und zweitens erinnert sich jemand daran, dass in dem Park ein nettes kleines Cafe sei.
Und dort verbringen wir dann einige Stündchen bei einigen Runden Bier. Als das Niveau noch deutlich unter die Flughafenaktion sinkt, nehme ich schließlich unseren 18-jährigen Benjamin, der wie ich zum ersten Mal dabei ist, unter meine Fittiche und wir verlassen die Gruppe, um auf eigene Faust lokale Kultur zu erleben. Da waren’s nur noch zwei. So werden wir Zeugen der genialen Baukunst der spanischen Meister. Die Wasserwaage wurde hier offensichtlich erst später eingeführt.


Aber einige Skulpturen des spanischen Meisters Gaudi sind durchaus sehenswert:

Auch hier im Park gibt es ausreichend alkoholische Getränke:

Die Trennung von dieser Gruppe ist die beste Entscheidung des Wochenendes. Denn die Berichte über die Rückfahrt sind zwar unvollständig, verworren und teilweise widersprüchlich, aber es war wohl ungefähr so, dass mehrere Herren aus unserer Reisegruppe sich auf dem Oberdeck des Busses ihre übervolle Blase in eine Bierdose entleeren mussten. Die leider nur einen halben Liter fasste, was bei weitem nicht ausreichte. Worauf einige Gruppenmitglieder hässliche Flecken auf der Hose bekamen, Andere geistesgegenwärtig weitere Dosen füllten. Was nicht gelang, ohne dass die anderen Fahrgäste Kenntnis von diesem Vorgang erlangten und ihr Missfallen verbal und durch Körpersprache zum Ausdruck brachten. Und die dieserart brisant gefüllten Dosen wurden dann vom Aussichtsdeck des fahrenden Busses in Mülleimer am Straßenrand geworfen. Was natürlich nicht von Erfolg gekrönt war, da die Treffsicherheit zu diesem Zeitpunkt längst dem Alkohol zum Opfer gefallen war. Dies wiederum gefiel der aufsichtsführenden Busbegleiterin gar nicht. Was diese wohl dazu brachte, die Guardia Urbana an der Endhaltestelle über den Sachverhalt zu informieren. Woraufhin diese schon mit gelockerten Handschellen und Schlagstöcken und mit strengem Blick anrückten.
Was wiederum ich gesehen hatte, woraufhin ich im Gewimmel der Touristen unauffällig meine gefährdeten Kollegen in Sicherheit brachte. Allerdings, wenn ich zu diesem Zeitpunkt schon die ganze Geschichte gekannt hätte, hätte ich der Natur vielleicht ihren Lauf gelassen.

So landen wir wieder beim Hardrockcafe. Wo Domme im Vollsuff seine Freundin anruft, die seit diesem Moment seine Ex-Freundin ist. Was ihm jeder vorher gesagt hatte, aber er nicht glauben wollte.
Regel 1 für Kulturreisen: Niemals im Vollrausch seine Freundin anrufen
Im Hardrock-Cafe bekommen wir in unserem Zustand keinen Tisch mehr. Also machen wir einen Einkaufsbummel. Die Verkäuferinnen sind begeistert, als wir zu Acht wie Heuschrecken über die Läden herfallen. Ein Muss sind natürlich die gut sortierten Fachgeschäfte:

Abends lassen wir den kulturellen Tag wieder in unserer Stammkneipe mit einigen Mojitos ausklingen. Gut, dass ich schon zuvor auf Fuerteventura trainiert hatte, aber das ist eine andere Geschichte.

Obwohl der Weg von der Mojito-Bar zum Hotel Luftlinie keine 30 Meter beträgt, brauchen wir über eine Dreiviertelstunde. Bernd ist in einen hitzigen Streit mit einem Spanier verwickelt, der nur schwer von seiner Unschuld zu überzeugen ist.
Regel 2 für Kulturreisen: Niemals eine spanische Frau auf der Straße nach dem Preis fragen, auch wenn ihr Minirock noch so kurz ist. Vor allem dann nicht, wenn ihr Mann nur mal schnell eine Cola im Laden kauft.
Was nachts in den Dreierzimmern passierte, verschweige ich hier, teils aus Scham, teils weil meine Erinnerung lückenhaft und unzuverlässig ist. Außerdem kann man nie ausschließen, dass dieser Bericht auch Minderjährigen in die Hände fallen könnte. Man hat ja schließlich eine gewisse Vorbildfunktion für die jüngere Generation, auch wenn es manchmal schwer fällt.
Regel 3 für Kulturreisen: Nicht ins Waschbecken reihern, sondern ins Klo
Sonntag – Rückreise
Ich dachte eigentlich, unser Hotel hätte den einen Stern dafür, dass das Dach dicht ist. Denn etwas anderes kann ich beim besten Willen nicht entdecken, was einen Stern rechtfertigen würde. Für Kakerlaken gibt es schließlich keine Sterne. Aber das war wohl eine Täuschung, denn als ich am Sonntag früh auf der Schüssel sitze, tropft es eindeutig von oben auf mich herunter. Ich will gar nicht wissen, was in einem 1-Sternehotel so von der Decke tropfen kann. Das Zimmer darüber ist auch von unserer Reisegruppe belegt, daher sollte man sich eigentlich nicht wundern.
Dafür liegt das Hotel „verkehrsgünstig“, das bedeutet direkt im Rotlichtviertel. Am Sonntag früh werden wir gegen halb sieben von lautem Stimmengewirr geweckt: Ein Flohmarkt wurde direkt unter unserem Fenster aufgebaut. Verkauft werden Gebrauchtgegenstände, Hehlerware und Marihuana. Als Bernd laut aus dem Fenster ruft „Policia, Policia!“ löst sich dieser nette Markt in etwa 2,5 Sekunden auf. Und erst nach einer halben Stunde wird langsam wieder aufgebaut. Erstaunlich, was so harmlose Worte alles bewirken können.
Der restliche Sonntag gestaltet sich sehr anständig, ohne Alkohol und fast ohne Geschrei. Der Rückflug verläuft friedlich, weil alle schlafen. Wir hätten uns allerdings merken sollen, wo wir unser Fahrzeug 2 abgestellt hatten. Irgendwie haben Gruppen immer den Effekt, dass sich jeder auf den anderen verlässt.
Zusammenfassend muss ich sagen, dass Barcelona eine wunderschöne Stadt ist. Aber ich glaube, dies war meine erste und letzte Reise dieser Art. Für meinen Geschmack ist das einfach zu viel Kultur auf einmal.
Nachtrag: Ich habe den Verdacht, dass Wolle’s Termin in Istanbul kein Zufall war. Er war nämlich letztes Jahr am Ballermann dabei und dort war alles noch eine Nummer heftiger. Meinten die, die es wissen müssten, weil sie dabei waren, auch wenn sie sich nicht an Vieles erinnern. Aber heftiger war es, da sind sich alle einig. Und es gab jeden Tag eine Happy Hour, in der alle Getränke umsonst waren…
Eine tolle Geschichte! Ich kann mir das alles bildhaft vorstellen. Barcelona ist eine wunderbare Stadt und jede Reise wert. Klasse! Mein Lieblingswort in diesem Beitrag ist „angesäuselt“. Das habe ich ja schon ewig nicht mehr gehört/gelesen.
Schöne Grüße aus in der Nähe von Stuttgart. Moni
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Danke. Wir waren erst neulich wieder dort, diesmal nüchtern.
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ich war nur einmal dort und hatte einen Baileys-Rausch. Schrecklich. Aber die Stadt ist mega!
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Kultur-Reisen.
😀
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Nun ja. Die Kultur kam etwas kurz, das muss ich zugeben.
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Kein Kommentar 😂😂😂😂😂 LG Anschana
Von meinem iPhone gesendet
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Ich verstehe auch ohne Worte, was du meinst
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Alder… ich habe mich beim Lesen so fremdgeschämt… Ich denke, sich abzuseilen war die beste Entscheidung dieser Reise gewesen 😉 Wie sieht’s aus, gab es eine Wiederholung oder hattest du anschließend auch „Geschäftstermine“? 😉
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Ich hatte Geschäftstermine. Aber letztes Jahr hatten wir zu zweit einen nüchternen Besuch in Barcelona. Sehr schöne Stadt!
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Hach, was bin ich froh, dass ich diesen Kulturtrip nur gelesen und nicht selbst miterlebt habe 😂. So konnte ich mal wieder schallend lachen, ohne mich fremdschämen zu müssen! Tolle Story und Hut ab für deine Geduld, das auszuhalten. Beim nächsten Ausflug warste dann garantiert auch plötzlich geschäftlich anderweitig gefragt.
Last but not least nehme ich mir den weisen Tipp zu Herzen, den Besuch der Sagrada Familia immer auf später zu verschieben, da das Teil ja noch im Bau ist. Selten habe ich Einleuchtenderes gelesen 👍. Wir sind übrigens Ende September dort. Werde dann wohl öfter an dich denken müssen und bei einer möglichen Fahrt mit dem Hopp-Bus darauf achten, welche Art von gelblicher Flüssigkeit in den Dosen ist, die mir aufgetischt werden oder an den Kopf geflogen kommen.
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Na dann viel Spaß in Barcelona! Wir waren letztes Jahr im September nochmal als SinnlosReisende und haben es sehr genossen. Ich glaube ja, dass die Sagrada Familia von aussen beeindruckender als von innen ist, aber ich war nicht drin. Aber die Stadt insgesamt ist genial.
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Danke! Ich war vor rund 20 Jahren schon mal dort und habe die Stadt auch in guter Erinnerung. Bin schon sehr gespannt auf die ganzen Veränderungen seitdem. Wie gut, dass du letztes Jahr eine zivilisierte Begleitung dabei hattest 😅!
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Meine Güte … na du bist ja … warst ja einer 😉
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Wie gesagt, Jugendsünden. Hüstel, hüstel.
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Tja, beinahe wäre ich Deine EX-Leserin geworden.
Das Titelbild ist aber derart wunderbar, dass ich es mir nochmal überlegen werde.
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Oje, so schlimm 😱?
Männer machen manchmal komische Sachen, wenn man sie alleine lässt. Ich verspreche, dass das der Tiefpunkt war.
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Freiweg gestanden, ich hab mich auch schon danebenbenommen. So ein, anderthalb Mal, mehr bestimmt nicht! Aber in Barcelona nicht. Da war ich mit den Kindern. Schön brav im Zoo. Der ein wenig trist war, aber immerhin die welteinmalige Sensation zu bieten hatte. Den weißen Gorilla. Wahrhaft, ein alter weißer Mann. Uns Bleichgesichtern wird da erst klar, wie unglaublich menschenähnlich sie sind. Oder wir ihnen, egal.
Aber das Eingangsbild ist mir jetzt klar. Auch der Fotoapparat war besoffen, deshalb sind die Geländer so bunt und verbogen! Und vor lauter Einsätzen wegen der Touristen kommen die Spanier/Katalanen nicht dazu, ihre Kirche fertig zu bauen.
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Freiweg gestanden: das Titelbild ist bei einem späteren Besuch entstanden. Damals war ich nicht in der Verfassung. 🤮
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… das sieht man die Spätfolgen!
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