Antelope Canyon und der Preis einer Seele

„Die ganze Welt wiegt den Wert einer einzigen Seele nicht auf.“ Gregor der Große, Papst, Rom 540-604.

„Normale Seele 1,00 €, Dinkel-Vollkornseele 1,50 €.“ Manfred Müller, Biobäcker, Ravensburg 2022.

„Dem Teufel seine Seele verkaufen“, diesen Ausdruck hatte ich schon öfters gehört. Aber wie geht das überhaupt? Kommt der Teufel einfach vorbei und macht ein Angebot? Oder fragt er, für welchen Preis man seine Seele hergeben würde? „Ey du Opfer, was ist niedrigste Preis?!“, wie bei Ebay-Kleinanzeigen? Was ist denn eigentlich ein fairer Preis für eine menschliche Seele?

Und überhaupt – warum hat es der Gehörnte so eilig? Er könnte doch einfach bis zum Tag des jüngsten Gerichts abwarten und dann quasi ohne Extrakosten die verlorenen Seelen einsammeln. Da muss doch etwas faul sein! Jedenfalls wäre es gut, wenn man den Wert seiner Seele so ungefähr wüsste. Nur für den Fall, dass man unerwartet in Geldnot gerät und sich eine Gelegenheit ergibt. Ich bekam eine erste Idee für den Wert einer Seele beim Besuch des Antelope Canyon in Arizona.

Dieser Canyon liegt am Stadtrand von Page, einer der jüngsten Städte der USA. Im nahe gelegenen Las Vegas boomten in den Fünfzigerjahren die Casinos (den Grund dafür habe ich in meinem Beitrag über die Stadt der Sünde schon beschrieben). Als der Strom für die ganzen Neonleuchtreklamen nicht mehr ausreichte, wurde der Glen Canyon Dam mit einem Wasserkraftwerk gebaut. Der Damm staute das Wasser des Colorado auf und erschuf den Lake Powell mitten in der Wildnis Amerikas. Da es damals weit und breit keine Städte gab, wurden für die Bauarbeiter und ihre Familien bescheidene Unterkünfte errichtet.

Panoramablick über Lake Powell
Lake Powell

Nach Abschluss der Arbeiten wollte die Baufirma die Kosten für den Rückbau der Siedlung sparen und bot den Arbeitern die überflüssigen Immobilien mitten in der Felsenwüste an. Wer damals beherzt zugriff, konnte sich an einer tollen Wertentwicklung erfreuen. Denn in den folgenden Jahrzehnten mauserte sich das staubige Wüstenkaff zu einem der beliebtesten Ferienorte Amerikas. Auf dem Lake Powell entwickelte sich ein Wassersport-Eldorado und die umliegenden Naturwunder zogen Scharen von Touristen an. Zum Beispiel der Horseshoe Bend, in dem ein mächtiger Felsblock den Colorado River zu einer überaus fotogenen Schleife zwingt.

Horseshoe Bend
Horseshoe Bend

Der Antelope Canyon liegt nur wenige Meilen von Page entfernt und doch gibt es immer wieder Missverständnisse über vereinbarte Zeitpunkte. Denn im Gegensatz zu Page gilt im Canyon die Sommerzeit. Man kommt dann am Ziel an, bevor man losgefahren ist. Das ist besonders toll, wenn man eine Tour zu einem festen Zeitpunkt gebucht hat.

Ein weiterer Stolperstein für den verwirrten Touristen ist die Tatsache, dass es streng genommen zwei Canyons gibt: Den Lower Antelope Canyon und den Upper Antelope Canyon. Sie unterscheiden sich dadurch, dass der eine unterhalb der Straße liegt und der andere oberhalb. Logisch. Und dass die gebuchten Tickets nur für einen von beiden gelten.

Lower Antelope Canyon
Gut beschriftet

Beide liegen auf dem Gebiet der Navajo Nation, die hier verschiedene Sonderrechte hat. Zum Beispiel das Recht auf Sommerzeit, unabhängig vom Rest des Bundesstaates. Und das Monopol auf touristische Vermarktung der Canyons. So wundert es nicht, dass man hier nur mit einem Navajo-Guide hineinkommt. Und es erklärt die Verkaufsstände mit traditionellen indianischen Schmuckstücken.

Wir fragten eine Verkäuferin mit auffallend indianischem Aussehen, ob wir sie fotografieren dürfen. Die Dame verneinte mit dem Hinweis, dass nach ihrem Glauben eine Fotografie die Seele des Abgebildeten schädigen würde. Als wir uns verständnisvoll abwendeten, fügte sie etwas leiser hinzu, dass der seelische Schaden mit einem Schmerzensgeld von zehn Dollar in bar repariert werden könne und ein Foto möglich wäre. Aber nur eines.

Da wir zehn Dollar für einen viel zu niedrigen Preis für eine Seele hielten, verzichteten wir auf das Bild und stiegen hinab in den Antelope Canyon. Von oben sieht der eher unscheinbar wie ein Riss im Boden aus, aber was die strömenden Fluten hier geschaffen haben, ist so schön, dass ich jetzt lieber meine Klappe halte und die Bilder für sich sprechen lasse.

Treppenabgang in den Lower Antelope Canyon
Unscheinbarer Abstieg
Im Antelope Canyon
Unten: eine andere Welt
Im Antelope Canyon
Farbpalette
Im Antelope Canyon
Sonnenuntergang
Im Antelope Canyon
Der Spalt
Sunbeam im Upper Antelope Canyon
Sun Beam
Im Antelope Canyon
Die perfekte Welle
Im Antelope Canyon
Licht und Schatten
Im Antelope Canyon
Verzahnt
Im Antelope Canyon
Blick nach oben
Im Antelope Canyon
Licht am Ende des Tunnels

Die Natur arbeitet übrigens immer noch weiter an diesem Kunstwerk. Wenn es in den Bergen etwas stärker regnet, entstehen die gefürchteten Flash Floods. Dann füllt sich innerhalb weniger Sekunden der Slot Canyon bis zum Rand mit tödlichen Wassermassen, wie man in diesem Video eindrucksvoll sehen kann. Wer davon überrascht wird, hat seinen Deal mit dem Teufel hoffentlich vorher rechtssicher abgeschlossen, denn dann bleibt nicht mehr viel Zeit.

Hast du dir eigentlich schon mal überlegt, wieviel deine Seele wert ist? Etwas mehr als beim Bäcker Müller sollte es bei aller Bescheidenheit schon sein…

Autor: sinnlosreisen

Skurille Reiseerlebnisse zum Lachen

18 Kommentare zu „Antelope Canyon und der Preis einer Seele“

  1. Was für bizarre Bilder, Klasse !
    @ verkaufte Seele – ER kommt gut getarnt daher, verspricht uns materiellen Erfolg, Selbstbestätigung, Erfüllung, das lösen zahlreicher Mysterien. Vom Preis redet er nicht, das findet sich …

    Liebe Grüße, Reiner

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  2. Ohne dich mit der ewig gleichen Aussage langweilen zu wollen: ich habe mich auch beim Lesen dieses Beitrags köstlich amüsiert 😎.

    Tja, was ist ein angemessener Preis für eine Seele? Jedenfalls nimmt sich die Preisgestaltung des Bäckers deutlich günstiger aus als das geforderte Schmerzensgeld der Dame. Auch wenn euch selbst die 10 $ als zu gering erschienen. Ich hätte aus Pietätsgründen wohl auch auf das Foto verzichtet

    Tolle Fotos haste gemacht! Nicht nur vom Canyon, sondern auch vom Lake Powell. Echt klasse! Der Antelope Canyon oder besser gesagt die beiden Canyons stehen ja schon lange auf meiner Liste der Reisebegierden. Mir wurde allerdings von mehreren seriösen Quellen berichtet, dass es alles andere als einfach sei, überhaupt ein Ticket dafür zu bekommen. Das würde irgendwie zugelost werden oder so? Wann wart ihr denn da und wie habt ihr es geschafft, Zutritt zu bekommen? Und dann auch noch zur richtigen Uhrzeit? Losglück oder habt ihr dann doch eure Seelen verkauft im Tausch gegen eine Eintrittskarte?

    Ja, der Horseshoe Bend ist schon beeindruckend. Wenngleich meine saarländische Heimat etwas Ähnliches zu bieten hat. Die Saarschleife unterscheidet sich, hüstel, wirklich nur geringfügig vom US-Hufeisen.

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    1. So ein Lob langweilt mich überhaupt nicht, Danke😀😀.
      Also, wir waren im Mai dort und hatten überhaupt kein Problem, am Tag vorher Tickets zu bekommen. Die sind mit 50 € aufwärts auch nicht gerade ein Schnäppchen. Mittags gibt es dann noch extra-teure Fotografen-Slots, wenn das Licht perfekt ist.
      Das mit der Lotterie ist die „Wave“, die dort auch ganz in der Nähe ist. Da werden täglich wenige Plätze von den Rangern verlost und wir hatten zweimal kein Glück. Den Einsatz von ca. 5$ für die Teilnahme an der Verlosung bekommt man übrigens nicht zurück. Da hab ich also auch noch eine Rechnung offen. 😡
      Die Saarschleife, so so. Dann müssen wir da wohl auch mal hin und den Vergleich machen…🤔😏

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  3. Wow, was für spektakuläre Bilder! 😀
    Über den Wert meiner Seele hab ich mir nie Gedanken gemacht, sie steht nicht zum Verkauf! 😉 Was die essbare Variante betrifft, mag ich die vom Schmalegger Beck auch am liebsten, und gleich danach die von Frick! 😋
    Grüßle aus Ravensburg, Anhora

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  4. Super tolle Bilder! Ich war auch da und freue mich sehr über Deinen interessanten und humorvollen Bericht. Er ruft herrliche Erinnerungen an unseren beeindruckenden Urlaub in den USA wach. Du hast das toll präsentiert. Ich werde gleich weiter lesen in deinen Erlebnissen.

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    1. Freut mich, wenn es dir gefällt. In meiner Erinnerungskiste liegen noch etliche Geschichten aus den USA, die noch auf ihre Chance warten, erzählt zu werden. Beeindruckende Landschaften gibt es dort ja wirklich mehr als genug.

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  5. Ach ja, die Schwaben- und, offenbar, noch andere indigene Völker. Verkaufen ihre Seelen… Das Gebäck taucht auch auf meinen Seiten irgendwo auf. Und Indianer ebenfalls hier und dort.
    Aber gleich einem gewissen Sachsen, der sich seine amerikanischen Ureinwohner nach Belieben erfand, war ich selbst noch nie drüben, überm Atlantik!

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