Wir hatten uns im Osten Thailands einquartiert und ernährten uns seit fünf Tagen von Pad Kra Pao – Reis mit undefinierbaren Stückchen. Es gab hier fast keine Touristen und daher auch kaum Restaurants. Aber dafür jede Menge Mopedküchen entlang der Straße. Da die Verständigung mit den Köchinnen nahezu unmöglich war, blieb uns nichts anderes übrig, als zu vertrauen. Das Essen war immer lecker. Ich hätte nur gerne gewusst, aus was diese kleinen Stückchen im Reis bestanden. Oder vielleicht auch nicht.

Silvester wird in Thailand offensichtlich am Strand gefeiert, jedenfalls war jede Menge Volk mit asiatischem Picknick unterwegs. Zum Jahreswechsel lässt man hier Khom Loy steigen, das sind Fluglaternen aus Reispapier und Bambus. Man entzündet das überdimensionale Teelicht und wenn man den richtigen Moment abpasst, trägt der Wind das leichte Teil davon. Wenn der Khom Loy aufs Meer hinaus segelt, bringt das neue Jahr Glück, Reichtum und Weisheit. Treibt die brennende Laterne aufs Land, bedeutet das meist Unglück, weil das Nachbarhaus in Flammen aufgeht.

Ich hatte Probleme beim Anzünden und unser Reichtum drohte direkt am Strand zu zerschellen. Aber dann halfen uns ein paar einheimische Jugendliche und unsere Laterne erhob sich in den Wind. Und schwebte direkt auf das benachbarte Bambushaus zu. Interessant, welche Gedanken einem in so einem Moment durch den Kopf gehen. Ich überlegte, was Haftplichtversicherung auf Thailändisch heißt und ob unsere Police wohl auch Brandstiftung durch Fluglaternen abdeckte. Aber dann drehte der Wind und einem glücklichen Jahr stand nichts mehr im Weg.

Übrigens: ich will ja nicht die romantische Stimmung verderben, aber beim Verbrennen eines solchen Teelichtes entstehen etwa 100 Gramm CO2. Wenn jeder Tourist in Thailand einen Khom Loy steigen lässt, ergibt das bei 40 Millionen Touristen ungefähr 4.000 Tonnen CO2 jedes Jahr. Die gleiche Menge entstünde, wenn ich mit dem Auto Tausend mal die Erde umrunden würde. Aber das wäre ziemlich sinnlos. Dazu braucht man nämlich viel länger als ein Jahr und bevor man fertig ist, kommen schon die nächsten Touristen.

Nach einigen beschaulichen Tagen stürzten wir uns todesmutig mit unserem Mietwagen in den thailändischen Linksverkehr. In Ayutthaya genossen wir eine wunderschöne Bootstour auf dem Fluss, der die Altstadt umschloss und besuchten den Tempel der verrückten Hühner und eine alte Tempelanlage der Khmer.

Am nächsten Tag liehen wir uns Fahrräder und erkundeten die Ruinen der historischen Tempelanlagen der ehemaligen Königsstadt. Wir probierten leckere gegrillte Insekten und frittierte Kochbananen.



In Kanchanaburi ließen wir uns auf der Brücke am River Kwai beinahe vom legendären Todeszug überfahren und besuchten den Erawan Nationalpark mit seinen sieben terrassenartigen Wasserfällen mit wundersam milchig blaugrünem Wasser.


Mit einem Minibus fuhren wir dann an der Küste entlang nach Süden. Huahin war lange Zeit der Lieblingsbadeort des beliebten thailändischen Königs, der auf einen handlichen Namen hörte: Somdet Phra Paraminthra Maha Phumiphon Adunyadet Mahittalathibet Ramathibodi Chakkrinaruebodin Sayaminthrathirat Borommanat Bopht. Da sich das nun wirklich nur die allerwenigsten merken konnten, wurde er meist König Bhumibol Adunyadet genannt. Und die ganz Faulen nannten ihn einfach Rama IX. Er regierte das Land nun seit siebzig Jahren und war damit der am längsten regierende Monarch der Welt. König Bhumibol wurde von seinem Volk wie ein Gott verehrt. Und das, obwohl seine ersten Jahre eigentlich gar nicht der thailändischen Tradition entsprechend verliefen.
Es fing schon damit an, dass er in Cambridge, Massachusetts geboren wurde, wo sein Vater, der Fürst von Songkla, Medizin studierte. In seiner Geburtsurkunde stand zunächst nur „Baby Songkla“, weil nach thailändischer Tradition ausschließlich der König einen glücksbringenden Namen vergeben durfte. Den Thron bestieg Bhumibol mit 26 Jahren als Nachfolger seines älteren Bruders, den das Schicksal vieler Könige der damaligen Zeit ereilte: er wurde erschossen in seinem Zimmer aufgefunden. Da Bhumibol aber zuerst sein Studium der Naturwissenschaft in der Schweiz beenden wollte, verschob er das Regieren, bis er damit fertig war. In Lausanne lernte der König ganz unasiatisch den Jazz lieben und lernte Saxophon zu spielen.

In Huahin gab es ein eigenes königliches Wartehäuschen am Bahnhof. Man kann allerdings vermuten, dass hier eher der Zug auf den König wartete als umgekehrt. Da das Reisen mit dem Zug in der königlichen Familie etwas aus der Mode gekommen war, wurde dieses museumsreife Häuschen nicht mehr benutzt. Wir warteten ganz gewöhnlich auf dem Bahnsteig und nahmen den Zug nach Thong Chai, wo wir einen kleinen Holzbungalow am fast menschenleeren Strand gemietet hatten. Ganz in der Nähe genoß ein goldener Buddha den erhabenen Blick auf den Golf von Thailand.

Am Ende unserer Reise verbrachten wir ein paar tiefenentspannte Tage auf Ko Phangan. Spaziergänge am Strand, Wanderungen über eine nur bei Ebbe auftauchende Sandbank zu einer kleinen Insel, eine Kajakfahrt über unsichtbare Korallenriffs und zahlreiche Besuche in den Strandbars. Der Ort erinnerte ein bißchen an das Paradies, nur die Warnschilder und Essigdepots für die tödlichen Würfelquallen erinnerten daran, dass Himmel und Hölle manchmal nah zusammen liegen.
Am letzten Abend gönnten wir uns eine entspannende Thaimassage am Strand. Wir bekamen die Füße gewaschen und legten uns auf die Liegen. Ich schloß die Augen und wartete auf die zarten Hände einer zierlichen Thailänderin. Die erste Berührung machte mir klar, dass ich wohl einen männlichen Masseur abbekommen hatte, und dazu einen ziemlich kräftigen. Die nächste Stunde gehört zu den schmerzhaftesten Erfahrungen meines Lebens. Dieser brutale Typ drückte Stellen an meinem Körper, die in grellen Schmerzen explodierten. Ich machte mir ernsthafte Sorgen, wie ich aus dieser Sache heil heraus kommen sollte, aber die Geräusche von den Nachbarliegen zeigten mir, dass ich nicht der Einzige war. Als ich am Ende die Augen öffnete, stellte ich erstaunt fest, dass es doch eine Frau war, der ich das ganze Leid verdankte. Immerhin, die Schmerzen vergingen nach einigen Tagen und wir konnten wieder aufrecht gehen.

König Bhumibol starb wenige Monate nach unserem Besuch (Ich schwöre: wir hatten nichts damit zu tun) und inzwischen wurde sein Sohn zu seinem Nachfolger gekrönt. Da es in Thailand strengstens verboten ist, schlecht über den König zu reden, fasse ich im folgenden alles Gute über den neuen Monarchen zusammen, das mir einfällt:
Ich habe mich gut unterhalten können. Die Fotos waren auch sehr schön.
Grüße von Michael aus Hamburg
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Hallo Michael,
willkommen auf meinem Blog! Freut mich, wenn es dir gefällt.
Viele Grüße nach Hamburg aus dem Süden
Marco
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Ich wohne in Bergedorf.
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Schöner Bericht. Ich dachte grad, wenn Du freiwillig gegrillte Insekten isst, dann ist doch völlig egal, was da in dem Reis war…
Viele Grüße
Richard
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Hallo Richard,
ja, da ist was dran. Aber in Asien gibt es noch viel eigenartigere Dinge zum Essen als Insekten.😩
Vielleicht war es aber einfach nur das Unwissen, das mich verunsichert hat.
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Oh, das sind ja hübsche Wartehäuschen! Also, zumindest das eine, das nicht für unsereins ist.
Aber immer noch ein schönerer Anblick als wenn man am Bahnhof in Amberg oder in Hagen wartet und vor Depression fast eingeht.
Und gut die Klippen des Majestätsbeleidigungsgesetzes umschifft!
Ich hoffe nur, ich werde mich ähnlich im Zaum halten können… Vielleicht kritisiere ich gar nicht den König, den ich persönlich ja sowieso nicht kenne, sondern nur das Gesetz gegen Kritik? Ganz spitzfindig. 😉
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Ja, deutsche Bahnhöfe sehen meist wie der Hinterhof der Hölle aus.
Wegen dem König musste ich tatsächlich meine Tastatur sperren, um nicht den nächsten Thailand-Urlaub zu gefährden. Soviel zum Recht auf freie Meinungsäußerung in anderen Ländern 🙄
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Ganz ehrlich, die eingeschränkte Meinungsfreiheit auf der Strecke von Belarus über Russland, China und Thailand ist meine größte Sorge auf dieser Fahrt. Oder dass ich erst gar kein Visum bekomme und der Traum platzt.
Die andere interessante längere Zugfahrt ginge über den Iran und Pakistan nach Indien, aber im Iran habe ich das gleiche Problem (und schon Gefängniserfahrung).
Vielleicht fahre ich am Ende doch nur nach Andorra.
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Und wenn die in (Weiß)-Russland drauf kommen, dass du Blogger bist,…Oje. Vielleicht doch lieber mit dem Schiff?
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Oh nein, die hohe See ist nichts für mich!
Nicht nach dieser Erfahrung: https://andreas-moser.blog/2020/05/14/schiff-faial-pico/
(Und ein paar Überfahrten über den Ärmelkanal waren auch schon ziemlich heftig.)
Vielleicht besorge ich mir einen Pass von jemandem, der so ähnlich aussieht wie ich, aber bisher noch nie im Internet herumprovoziert hat?
Viele Leute sitzen ja eh nur zuhause und brauchen ihren Reisepass gar nicht.
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Ok, hab verstanden. Die Videos sagen alles. Da nimmt man doch lieber Turbulenzen im Flugzeug in Kauf. Obwohl die auch ganz schön fies sein können…
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Ach herrlich, Danke für die Prise Humor zu meinem Mikrowellen-Homeworker-Lunch!
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Mahlzeit! 😇
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